Mit der Gründung eurer eigenen Zahnarztpraxis steht euch eine spannende Herausforderung bevor. Doch mit der Verantwortung für eure Praxis kommen auch einige rechtliche Vorgaben auf euch zu. Dazu gehört auch die Arbeitszeiterfassung für eure Mitarbeiter*. Es macht keinen Unterschied, ob ihr ein kleines Team aufbaut oder von Anfang an auf Wachstum setzt: Ihr müsst sicherstellen, dass die Arbeitszeiten eurer Mitarbeiter systematisch dokumentiert werden. Aber keine Sorge: Mit den richtigen Tools und einer guten Organisation lässt sich das Thema stressfrei in euren Praxisalltag integrieren.
Was bedeutet Arbeitszeiterfassung eigentlich?
Bei der Arbeitszeiterfassung dokumentiert der Arbeitgeber, der Mitarbeiter selbst oder ein verantwortlicher Mitarbeiter systematisch Arbeitsbeginn, -ende, Pausenzeiten und Überstunden eines Angestellten.
Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) und die Urteile des EuGH und BAG machen eine Zeiterfassung in jeder Zahnarztpraxis (und natürlich auch anderen Betrieben) zur Pflicht. Damit stellt der Gesetzgeber sicher, dass Arbeitszeiten nachvollziehbar dokumentiert sind – ein wichtiger Schritt, um den Gesundheitsschutz eurer Mitarbeiter zu gewährleisten.
Warum solltet ihr die Arbeitszeit euer Mitarbeiter erfassen?
Arbeitszeiterfassung – das klingt erst mal nach viel Bürokratie. Doch dabei geht es nicht darum, Anwesenheitslisten abzuhaken. Vielmehr gestaltet ihr damit den Arbeitsalltag in eurer Zahnarztpraxis transparent und fair. Wenn ihr die Zeiten eurer Mitarbeiter lückenlos erfasst, wisst ihr genau, wann sie ihren Tag beginnen, Pausen machen und Feierabend haben. Auch Überstunden identifiziert ihr auf diese Weise zuverlässig.
Für eure Praxis bedeutet das vor allem eins: Struktur. Ihr stellt sicher, dass ihr gesetzliche Vorgaben einhaltet und Gehaltsabrechnungen korrekt ausstellt. Zudem erkennt ihr rechtzeitig, wenn das Team an seine Grenzen stößt und könnt besser planen.
Ob ihr dabei auf Stundenzettel oder eine digitale Zeiterfassung setzt, bleibt euch überlassen. Entscheidend ist, dass das System einfach funktioniert und das ganze Team es nutzt. So schafft ihr eine geregelte Basis, die den Praxisalltag reibungsloser, motivierender und rechtssicher gestaltet.
Die Arbeitszeiterfassung bietet allerdings auch eine Vielzahl an Vorteilen für den Alltag in eurer Zahnarztpraxis.
- Effizienz und Organisation verbessern: Durch die Erfassung der Arbeitszeiten erkennt ihr schnell, wie die Ressourcen in eurer Praxis verteilt sind. Ihr könnt Aufgaben effizienter planen, Überlastung vermeiden und eure Prozesse optimieren.
- Mitarbeitermotivation stärken: Ein gut organisiertes Zeiterfassungssystem zeigt, dass ihr euch um die Bedürfnisse eures Teams kümmert. Klare Regeln und ein fairer Umgang mit Arbeitszeiten tragen dazu bei, dass sich eure Mitarbeitenden wohlfühlen und gern Teil eurer Praxis sind.
- Betriebswirtschaftliche Vorteile: Ein durchdachtes Zeiterfassungssystem reduziert Verwaltungsaufwand, da Arbeitszeiten automatisch dokumentiert und abrechnungsrelevant ausgewertet werden. Ihr spart Zeit und Kosten, während gleichzeitig die Planbarkeit eurer Praxisprozesse steigt. Durch automatische Zeiterfassungssysteme stimmt ihr Dienstpläne und Personaleinsätze viel besser ab. Gerade in stressigen Phasen entlastet euch die Automatisierung enorm.
Wie ist die aktuelle gesetzliche Lage?
EuGH-Urteil 2019: europäische Vorgabe zur Zeiterfassung
Bereits im Jahr 2019 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) geurteilt, dass alle Arbeitgeber in der EU ein objektives, verlässliches und zugängliches System zur Arbeitszeiterfassung einführen müssen. Dieses Urteil ist die Basis für die aktuelle Gesetzeslage in Deutschland.
BAG-Urteil 2022: Pflicht zur Arbeitszeiterfassung
Am 13. September 2022 entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG), dass alle Arbeitgeber nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) verpflichtet sind, die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter systematisch zu erfassen. Die Regelung gilt demnach auch für Zahnarztpraxen.
Geplante Änderungen im Arbeitszeitgesetz (2023)
Ein Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sieht vor, dass künftig eine elektronische Arbeitszeiterfassung gesetzlich vorgeschrieben wird. Dabei sind Übergangsfristen für kleinere Unternehmen vorgesehen. Allerdings befindet sich dieser Gesetzentwurf noch in der regierungsinternen Abstimmung. Es gibt derzeit keine konkreten Informationen über den Zeitpunkt, wann die digitale Zeiterfassung auch zur Pflicht wird.
Was passiert bei fehlender Zeiterfassung?
Solltet ihr keine Übersicht über die geleisteten Stunden eurer Mitarbeiter haben, entstehen gleich an mehreren Stellen Probleme. Zum einen seid ihr, wie oben beschrieben, dazu verpflichtet, diese Zeiten zu erfassen. Ihr riskiert also Bußgelder und rechtliche Konsequenzen, wenn ihr euch nicht an die Gesetzgebung haltet. Zum anderen fehlt euch bei arbeitsrechtlichen Konflikten ohne Nachweise eine wichtige Grundlage. Ihr habt keine verlässlichen Belege dafür, wann und wie lange eure Mitarbeiter tatsächlich gearbeitet haben und ob eventuelle Vorwürfe berechtigt sind. Das ist allerdings nicht alles: Bei unklaren Arbeitszeiten leidet das Vertrauen im Team. Frust über vermeintliche Ungerechtigkeiten und Missverständnisse können das Betriebsklima belasten. Kurz gesagt: Eine transparente und faire Zeiterfassung schafft hier Sicherheit – für euch und eure Mitarbeitenden.
Wie muss die Arbeitszeit erfasst werden?
Als Praxisinhaber seid ihr dafür verantwortlich, dass die Arbeitszeiten eurer Mitarbeitenden vollständig und zuverlässig dokumentiert sind. Dazu gehören Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit sowie alle geleisteten Überstunden. Entscheidend ist nicht nur, dass ein System vorhanden ist, sondern auch, wie es genutzt wird: Die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben liegt in eurer Verantwortung.
Ob ihr dabei auf analoge Stundenzettel oder digitale Systeme wie Praxissoftware setzt, bleibt euch überlassen – Hauptsache, die Daten sind nachvollziehbar und sicher gespeichert. In der Praxis bieten digitale Systeme jedoch klare Vorteile. Sie automatisieren die Zeiterfassung, minimieren Fehlerquellen und sparen Zeit, die ihr besser in die Betreuung eurer Patienten investieren könnt. Automatische Auswertungen erleichtern euch zudem die Planung und schaffen mehr Transparenz im Team.
Weil es im Praxisalltag immer wieder zu unvorhergesehenen Terminen oder längeren Behandlungen kommt, ist eine digitale Zeiterfassung ein echter Gewinn. Sie ermöglicht eine flexible Anpassung an wechselnde Arbeitszeiten und sorgt dafür, dass auch kurzfristige Änderungen lückenlos dokumentiert werden.
Digitale Lösungen bieten außerdem einen zusätzlichen Schutz für sensible Daten. Die sichere Speicherung und der kontrollierte Zugriff auf die erfassten Zeiten sorgen dafür, dass eure Praxis auch datenschutzrechtlich auf der sicheren Seite ist.
Welche datenschutzrechtlichen Vorgaben gibt es?
Die Erfassung von Arbeitszeiten bringt organisatorische und datenschutzrechtliche Herausforderung mit sich. Arbeitszeitdaten gelten als sensible personenbezogene Daten und unterliegen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).
Um rechtlichen Anforderungen gerecht zu werden, solltet ihr auf Folgendes achten:
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- Datensparsamkeit: Erfasst nur die Daten, die gesetzlich vorgeschrieben sind, wie Arbeitsbeginn, -ende und Pausenzeiten.
- Rechtmäßigkeit: Informiert euer Team transparent über die Erfassung und speichert nur Daten, die für die Abrechnung und rechtliche Nachweise erforderlich sind.
- Aufbewahrungsfristen: Die gesetzliche Mindestaufbewahrung beträgt zwei Jahre. Nach Ablauf dieser Frist müssen nicht mehr benötigte Daten sicher gelöscht werden.
- Zugriffsrechte einschränken: Nur autorisierte Personen wie die Praxisleitung oder befugte Verwaltungsmitarbeitende sollten Zugriff auf die Arbeitszeitdaten haben.
Durch diese Maßnahmen schützt ihr sowohl die sensiblen Daten eurer Mitarbeitenden als auch eure Zahnarztpraxis vor rechtlichen Konsequenzen.
So führt ihr Arbeitszeiterfassung erfolgreich ein
Die Einführung einer Arbeitszeiterfassung in eurer Zahnarztpraxis erfordert eine durchdachte Planung, lässt sich aber mit einem klaren Ablauf reibungslos umsetzen.
1. Bedarf und Systemart bestimmen:
Überlegt, welches System zu eurer Praxis passt. Welche Tools habt ihr schon? Bieten sie bereits eine Möglichkeit zur Arbeitszeiterfassung?
2. System auswählen:
Entscheidet euch für eine Methode, die den gesetzlichen Anforderungen entspricht und sich einfach in euren Praxisalltag integrieren lässt. Analoge Systeme sind günstig und schnell einsatzbereit, während digitale Systeme Automatisierungen und Auswertungen bieten.
3. Richtlinien und Prozesse definieren:
Legt fest, wie die Arbeitszeiten erfasst werden (z. B. Check-in-/Check-out-Zeiten, Pausenregelungen). Schreibt diese Prozesse verständlich auf und teilt sie eurem Team mit.
4. Mitarbeiter schulen:
Führt eine Schulung durch, in der ihr das System und die zugrunde liegenden Richtlinien erklärt. Geht auch auf typische Fehlerquellen ein und wie sie vermieden werden können. Bekräftigt, dass es bei der Erfassung nicht darum geht, euer Team zu kontrollieren. Jeder Angestellte sollte mit einem guten Gefühl aus der Schulung gehen und sicher sein, dass die Arbeitszeiten zu seinem eigenen Schutz erfasst werden.
5. Verantwortlichkeiten festlegen:
Bestimmt, wer für die Pflege und Kontrolle der Daten zuständig ist. Eine klare Rollenverteilung sorgt für Struktur und vermeidet Missverständnisse.
6. Kontrollen und Anpassungen durchführen:
Überprüft regelmäßig, ob die Zeiterfassung korrekt funktioniert und den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Passt das System bei Bedarf an veränderte Anforderungen an.
7. Datenschutz sicherstellen:
Achtet besonders bei digitalen Systemen auf die Einhaltung der DSGVO-Vorgaben. Sichert die gespeicherten Daten und beschränkt den Zugriff auf autorisierte Personen.
💡Schon gewusst? Die Zahnarztsoftware EVIDENT verfügt über den Orga-Manager. Mit dem Modul habt ihr alle Funktionen rund um die Mitarbeiterverwaltung direkt in einem System und seid nicht auf externe Anbieter angewiesen. Ihr verwaltet Aufgaben, Urlaube und Arbeitszeiten kinderleicht direkt in eurer Zahnarztsoftware. Der Orga-Manager berücksichtigt alle rechtlichen Voraussetzungen, die ihr für die Zeiterfassung erfüllen müsst. So seid ihr immer auf der sicheren Seite.
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Fazit
Eure Praxis, eure Verantwortung – aber auch eure Chance. Die Arbeitszeiterfassung ist nicht einfach nur eine lästige gesetzliche Pflicht. Sie gibt euch die Möglichkeit, eure Zahnarztpraxis besser zu organisieren, Arbeitsabläufe effizienter zu gestalten und für ein positives Arbeitsklima zu sorgen. Ihr schafft damit Fairness und Vertrauen in eurem Team – und bleibt gleichzeitig rechtlich auf der sicheren Seite.
Digitale Lösungen sind dabei klar im Vorteil: Zum einen sieht es aktuell danach aus, dass in absehbarer Zukunft eine digitale Zeiterfassung zur Pflicht wird. Zum anderen habt ihr mit dem richtigen System all eure Daten an einem Platz und spart euch Papierberge und bürokratischen Aufwand.
*Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.
Quellen:
https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2019-05/cp190061de.pdf
https://www.brak.de/newsroom/zugang-ueber-bea-anwalt-legte-kein-bea-nachrichtenjournal-vor-berufung-verworfen/arbeitszeiterfassung-bmas-legt-referentenentwurf-fuer-geaendertes-arbeitszeitgesetz-vor/
Einführung elektronischer Zeiterfassung – Initiativrecht des Betriebsrats