Nachhaltigkeit & Zahnarztpraxis – passt das?
Ja! Wir verraten Tipps und Tricks, die ihr sofort umsetzen könnt. Hier nachlesen.
Müllberge aus Einwegprodukten, hoher Energieverbrauch – das gehört für viele Zahnarztpraxen zum Alltag. Doch mit der Klimakrise und steigenden Kosten wächst der Druck, nachhaltiger zu wirtschaften. Aber wo setzt ihr an? Keine Sorge: wir zeigen euch, wie ihr mit wenig Aufwand einen großen Unterschied macht.
Nachhaltigkeit in Zahlen
Das Gesundheitswesen in Deutschland verursacht jährlich 54 Millionen Tonnen CO₂ – eine erhebliche Belastung für die Umwelt. Ganze 5,2 % der gesamten Emissionen entfallen auf diesen Sektor (Quelle: Health Care Without Harm, 2019). Auch Zahnarztpraxen tragen dazu bei. Das Universitätsklinikum Bonn zeigt, wie es besser geht: Durch gezielte Maßnahmen konnte es seine CO₂-Bilanz verbessern. Ein Ansatz, den ihr auch in eurer Zahnarztpraxis umsetzen könnt – mit einfachen, aber wirkungsvollen Veränderungen.
Nachhaltigkeit in der Zahnarztpraxis: Herausforderungen und Lösungen
Materialverbrauch und Einwegprodukte
Wer eine Zahnarztpraxis betritt, sieht sofort: Einwegprodukte sind allgegenwärtig. Von Plastikbechern über sterile Verpackungen bis hin zu Einweginstrumenten – täglich landen riesige Mengen an Müll im Abfall. Und ja, vieles davon ist unverzichtbar, weil Hygiene in der Praxis oberste Priorität hat. Aber Hand aufs Herz: Gibt es nachhaltigere Alternativen, die genauso sicher und praktisch sind?
So reduziert ihr Abfall in eurer Praxis:
- Plastikfreie Alternativen nutzen:
Statt klassischer Plastikbecher könnt ihr auf biologisch abbaubare Varianten setzen – aus Pappe oder PLA (einem Kunststoff auf Pflanzenbasis). Auch kompostierbare Handschuhe und Bambus-Wattestäbchen sind eine nachhaltige Wahl. - Nachhaltige Dentalprodukte wählen:
Viele Produkte gibt es inzwischen mit einem umweltfreundlicheren Ansatz: Recycelte Zahnbürsten, fluoridhaltige Zahnpasta ohne Mikroplastik oder biozertifizierte Füllmaterialien reduzieren den ökologischen Fußabdruck eurer Praxis. - Bewusst einkaufen:
Große Bestellmengen sparen Geld und reduzieren Verpackungsmüll. Nachfüllsysteme für Seifen, Desinfektionsmittel oder sogar einige Dentalmaterialien helfen, unnötigen Plastikverbrauch zu minimieren. - Greenwashing erkennen:
Nicht alles, was mit „bio“ oder „nachhaltig“ gekennzeichnet ist, ist es auch wirklich. Achtet auf unabhängige Siegel wie den Blauen Engel oder FSC-Zertifikate. Viele Hersteller schmücken sich mit grünen Labels, die keinerlei Standards erfüllen. Hier lohnt es sich, genau hinzuschauen.
Auch wenn ihr nur einen Teil der Einwegprodukte durch nachhaltige Alternativen ersetzt, spart ihr auf Dauer enorme Mengen an Müll – und zeigt euren Patienten und Mitarbeitern, dass ihr Verantwortung übernehmt.
Energie- und Wasserverbrauch
Licht an, Autoklav starten, Röntgengerät hochfahren – der Alltag in der Zahnarztpraxis läuft auf Hochtouren. Dabei verbrauchen genau diese Geräte Unmengen an Strom und Wasser. Oft mehr, als ihr denkt. Besonders Autoklaven und Sterilisationsprozesse sorgen für einen hohen Wasserverbrauch. Alte Beleuchtungssysteme oder ineffiziente Röntgengeräte treiben gleichzeitig die Stromkosten in die Höhe. Doch es gibt eine gute Nachricht: Mit ein paar gezielten Maßnahmen könnt ihr den Verbrauch senken.
So spart ihr Energie und Wasser:
- Energiesparende Geräte einsetzen:
Moderne Technik ist oft deutlich effizienter. Wenn ihr ohnehin über eine Neuanschaffung nachdenkt, achtet auf energieeffiziente Autoklaven mit geringerem Wasserverbrauch, moderne Röntgengeräte mit reduziertem Strombedarf und LED-Beleuchtung, die bis zu 80 % weniger Energie als klassische Leuchtmittel verbraucht. - Wassersparmaßnahmen umsetzen:
Viel Wasser fließt ungenutzt den Abfluss hinunter – vor allem beim Händewaschen oder in der Sterilisation. Sensor-Wasserhähne sorgen dafür, dass nur so viel Wasser genutzt wird, wie wirklich nötig. Wassersparende Toiletten und optimierte Autoklaven reduzieren den Verbrauch zusätzlich. - Auf grüne Energie umsteigen:
Ein einfacher Hebel für mehr Nachhaltigkeit ist der Wechsel zu einem Ökostrom-Anbieter. Wer noch einen Schritt weiter gehen möchte, kann – falls möglich – Solarstrom für die Praxis in Betracht ziehen. Einige Bundesländer bieten dafür sogar Fördermöglichkeiten an.
💡 Extra-Tipp: Ein CO₂-neutraler Stromanbieter macht eure Praxis sofort klimafreundlicher – und oft ist der Wechsel unkomplizierter, als ihr denkt! Nutzt dafür am besten eins der zahlreichen Vergleichsportale.
Medikamenteneinsatz
Wusstet ihr, dass die Herstellung, der Transport und die Entsorgung von Arzneimitteln erhebliche CO₂-Emissionen verursachen? Ein signifikanter Anteil der oben bereits genannten 5,2 % an Treibhausgasemissionen entfallen auf den Medikamentenverbrauch.
Was könnt ihr tun?
- Polymedikation vermeiden:
Überprüft regelmäßig die Medikationspläne eurer Patienten. Oft werden mehrere Medikamente gleichzeitig verordnet, die nicht immer notwendig sind. Eine Reduzierung kann Nebenwirkungen minimieren und die Umwelt entlasten. - Umweltfreundliche Alternativen nutzen:
Besonders Dosieraerosole gelten als klimaschädlich, da sie Treibhausgase enthalten. Wenn es medizinisch vertretbar ist, können Pulverinhalatoren eine umweltfreundlichere Option darstellen. - Bewusste Verschreibungspraxis etablieren:
Achtet darauf, Medikamente in passenden Packungsgrößen zu verschreiben, um Überbestände und Abfall zu vermeiden. Eine enge Absprache mit Apotheken kann hierbei unterstützen. - Patienten aufklären:
Informiert eure Patienten über die richtige Entsorgung von Arzneimitteln. Falsch entsorgte Medikamente belasten Gewässer und Böden.
Müll und Entsorgung
Müll gehört in jeder Zahnarztpraxis zum Alltag – doch wohin mit all den benutzten Materialien? Einweginstrumente, Handschuhe, medizinische Verpackungen oder Reststoffe aus Behandlungen stellen euch vor logistische und umweltrelevante Herausforderungen. Viele Materialien dürfen nicht einfach in den Hausmüll wandern, und Recycling ist aufgrund strenger Hygienevorschriften oft schwierig. Doch auch hier gibt es Lösungen, die sowohl nachhaltiger als auch rechtlich sicher sind.
So reduziert ihr Müll und entsorgt ihn richtig:
- Müll vermeiden, statt entsorgen:
Der beste Weg, Abfall zu reduzieren, ist, ihn gar nicht erst entstehen zu lassen. Setzt dort, wo es möglich ist, auf wiederverwendbare Instrumente statt Einwegartikel. Auch nachhaltige Verpackungen oder Mehrwegsysteme für bestimmte Materialien können helfen, den Müllberg zu verkleinern. - Sichere und umweltfreundliche Entsorgung:
Bestimmte Abfälle – wie Amalgamreste, alte Batterien oder Chemikalien – dürfen nicht im normalen Müll landen. Achtet darauf, dass eure Praxis Amalgamabscheider nutzt, um Quecksilber aus dem Abwasser herauszufiltern. Altmedikamente und Chemikalien müssen über spezielle Sammelstellen oder zugelassene Entsorgungsunternehmen entsorgt werden. - Recycling aktiv nutzen:
Verpackungsmaterialien, Kartonagen oder Papierabfälle müssen nicht zwangsläufig in den Restmüll. Getrennte Müllsysteme für Papier, Plastik und Reststoffe helfen, Recycling zu erleichtern und wertvolle Rohstoffe wiederzuverwerten. Achtet darauf, Lieferanten zu wählen, die Verpackungsmaterialien nachhaltig gestalten oder zurücknehmen.
💡 Mehr Infos: Die „Vollzugshilfe zur Entsorgung von Abfällen aus dem Gesundheitsdienst“ enthält detaillierte Vorgaben zur fachgerechten Entsorgung medizinischer Abfälle. Den Link findet ihr am Ende des Beitrags.
Nachhaltige Mobilität: umweltfreundlich zur Praxis kommen
Ob Patienten oder Mitarbeiter – in vielen Zahnarztpraxen läuft die Anreise fast ausschließlich über das Auto. Klar, es ist bequem, aber es sorgt auch für volle Straßen und Parkplätze, hohe Spritkosten sowie eine unnötig hohe CO₂-Belastung. Dabei gibt es längst Alternativen, die umweltfreundlicher und oft auch praktischer sind. Und das Beste: Ihr könnt als Praxis aktiv dazu beitragen, dass mehr Menschen auf nachhaltige Verkehrsmittel umsteigen!
So wird eure Praxis mobilitätsfreundlicher – und nachhaltiger:
- Fahrradfreundliche Praxis:
Wer kurze Strecken zur Arbeit oder zum Zahnarzt mit dem Rad zurücklegt, spart Emissionen – aber nur, wenn die Infrastruktur stimmt. Fahrradstellplätze direkt vor der Praxis machen es Patienten und Mitarbeitern leicht, aufs Rad umzusteigen. Noch besser: Dienstrad-Leasing für euer Team. Viele Unternehmen bieten Leasingmodelle für E-Bikes oder Fahrräder an – eine nachhaltige und gesunde Alternative zum Auto. - ÖPNV-Zuschüsse anbieten:
Nicht jeder wohnt in Fahrradnähe zur Praxis – aber viele hätten die Möglichkeit, den Nahverkehr statt des Autos zu nutzen. Mit einem Zuschuss zu Bus- oder Bahntickets könnt ihr eure Mitarbeiter motivieren, den Arbeitsweg umweltfreundlicher zu gestalten. - E-Ladestationen für Patienten und euer Team:
Wer nicht auf das Auto verzichten kann oder will, sollte wenigstens auf E-Mobilität setzen. Falls ihr Platz habt, kann eine Ladesäule für E-Autos ein toller Service für Patienten sein – und gleichzeitig ein klares Zeichen für eure nachhaltige Praxis setzen.

Digitalisierung: Papier sparen und Prozesse optimieren
Jeder Zahnarztbesuch bedeutet Papier – und zwar jede Menge davon. Behandlungspläne, Rechnungen, Anamnesebögen und Einwilligungserklärungen stapeln sich auf Schreibtischen und füllen Aktenschränke. Das ist unübersichtlich und eine riesige Verschwendung von Ressourcen. Papier, Druckerpatronen und Versandkosten summieren sich schnell – und das alles, obwohl es längst smarte digitale Lösungen gibt.
So wird eure Praxis papierlos – und effizienter:
- Digitale Karteikarte und Rechnungen nutzen:
Schluss mit dicken Patientenmappen! Digitale Karteikarten ermöglichen es euch, sämtliche Informationen zentral und sicher zu speichern. Auch Rechnungen und Kostenvoranschläge lassen sich digital erstellen und versenden – das spart nicht nur Papier, sondern auch Zeit. - Online-Terminbuchung und digitale Formulare einführen:
Statt dass Patienten Anamnesebögen oder Einwilligungserklärungen auf Papier ausfüllen, können sie dies direkt digital auf dem Tablet oder sogar von zu Hause aus erledigen. Das reduziert nicht nur den Papierverbrauch, sondern sorgt auch für eine fehlerfreie und schnelle Übertragung der Daten in euer System. - Automatische Abrechnung und Verwaltung mit EVIDENT:
Mit EVIDENT habt ihr die Möglichkeit, Behandlungspläne, Arbeitszeiten und Abrechnungen digital zu verwalten – das spart Papier und jede Menge Verwaltungsaufwand: Dokumente müssen nicht mehrfach ausgedruckt oder mühsam abgeheftet werden. Alle wichtigen Prozesse laufen automatisiert im System ab.
Nachhaltigkeit im Team verankern
Nachhaltigkeit klappt nur, wenn das ganze Team mitzieht. Damit umweltfreundliche Maßnahmen nicht im Alltag untergehen, braucht es klare Verantwortlichkeiten. Motiviert eure Mitarbeiter mit kleinen, aber wirksamen Maßnahmen.
Damit das gelingt, könnt ihr folgende Ansätze in eurer Praxis umsetzen:
🥷 Einen Nachhaltigkeitsbeauftragten benennen: Eine Person aus dem Team übernimmt die Koordination nachhaltiger Maßnahmen, informiert das Team über Neuerungen und hält den Fortschritt im Blick.
💬 Arbeitsgruppe gründen: Falls mehrere Mitarbeiter motiviert sind, kann eine kleine Gruppe aus verschiedenen Praxisbereichen gemeinsam Ideen entwickeln und diese Schritt für Schritt umsetzen.
🥊 Nachhaltigkeit spielerisch integrieren: Kleine Challenges oder Team-Wettbewerbe wie eine „Papierlose Woche“ oder ein „Autofreier-Mittwoch“ können spielerisch dazu beitragen, das Thema im Alltag zu verankern.
Nachhaltigkeit als Wettbewerbsvorteil
Eine nachhaltige Praxisführung signalisiert Verantwortungsbewusstsein und Zukunftsorientierung – Werte, die immer mehr Menschen schätzen.
Doch damit euer Engagement sichtbar wird, solltet ihr es aktiv kommunizieren. Zertifikate wie das Grüne-Praxis-Zertifikat oder das EMAS-Siegel bestätigen eure Maßnahmen und unterstreichen eure Glaubwürdigkeit. Auch auf eurer Website könnt ihr eure Patienten und potenzielle Bewerber über aktuelle Maßnahmen informieren. Teilt euren Fortschritt gleichzeitig über Social Media, euren Newsletter oder einen Aushang – so zeigt ihr, dass Nachhaltigkeit in eurer Praxis gelebt wird.
Im Praxisalltag helfen kleine Hinweise, um das Bewusstsein zu stärken: ein Schild am Empfang mit klimafreundlichen Anreisemöglichkeiten oder ein Hinweis im Wartezimmer zu digitalen Formularen. So kommt ihr einer umweltfreundlichen Praxis näher und nutzt euer Engagement gleichzeitig als wichtigen Marketingvorteil.
Fazit – Nachhaltigkeit ist eine echte Chance für eure Praxis
Nachhaltigkeit ist kein Mammutprojekt. Die Summe kleiner Entscheidungen kann bereits große Wirkung haben. Jede Maßnahme zählt und bringt Vorteile für Umwelt, Kosten und Effizienz. Lebt nachhaltiges Handeln intern und macht es nach außen sichtbar. Nutzt Zertifizierungen und gezielte Kommunikation, um euer Engagement zu zeigen.
*Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.
Quellen:
Health Care without Harm – Health care’s climate footprint report
Vollzugshilfe zur Entsorgung von Abfällen aus Einrichtungen des Gesundheitsdienstes