Praxisübernahme: 5 Tipps, wie ihr bei einer Praxisübernahme das Herz des Teams gewinnt

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Kommt euch das bekannt vor? Ihr seid irgendwo neu und kennt so gut wie keine anderen Menschen um euch herum. Jetzt heißt es, Brücken zu schlagen und Kontakte zu knüpfen. So ist es auch, wenn ihr bei einer Praxisübernahme als Zahnarzt und neuer Chef überzeugen möchtet. Denn bringen wir es mal auf den Punkt: Ohne ein starkes Team geht gar nichts. Ihr seid auf eure Mitarbeiter genauso angewiesen wie sie auf einen starken Arbeitgeber. Und weil ihr mit der Praxisübernahme auch das Personal übernehmt, ist ein gelungener Kontaktaufbau enorm wichtig.

Damit die gemeinsame Zusammenarbeit langfristig funktioniert und ihr den Arbeitsalltag erfolgreich meistert, gibt es mehr oder weniger offensichtliche Dinge, auf die ihr achten solltet. Wir haben 5 unverzichtbare Tipps zusammengetragen, die euch helfen, das Bestandspersonal für euch zu gewinnen.

#1 Kennenlernen

Seien wir ehrlich: Ins kalte Wasser zu springen ist nur im Urlaub cool. Da ihr ein neues Mitglied des Praxisteams werdet, solltet ihr eurem Vorgänger eine mehrwöchige Übergangszeit vorschlagen.
In diesem Zeitraum nehmt ihr am Praxisalltag teil, schaut euch die Arbeitsabläufe an und kommt sowohl mit dem Team als auch mit den Patienten in Kontakt. Von diesem sogenannten „warmen Übergang” profitiert ihr in Bezug auf euer künftiges Personal gleich mehrfach: Ihr könnt den Mitarbeitern über die Schulter schauen, lernt sie Stück für Stück besser kennen und macht euch gleichzeitig mit den jeweiligen Aufgaben vertraut. Wenn ihr euch den Arbeitsbereich eures Personals zeigen lasst, beweist ihr echtes Interesse und baut gleichzeitig Vertrauen auf.

💡Tipp: Schlagt eine Abschieds- und Willkommensfeier in der Zahnarztpraxis vor. Hier könnt ihr euren Vorgänger im Team wertschätzend verabschieden. Gleichzeitig lernt ihr euer Personal in einem entspannten Rahmen näher kennen.

Ihr wollt euch vorstellen? Wie wär’s mit einer Q&A-Runde in lockerer Atmosphäre, bei der ihr allerlei Fragen eurer Mitarbeiter beantwortet? Natürlich könnt ihr auch selbst Fragen vorbereiten, um Interesse zu bekunden.

Macht euch bewusst, dass euer Team sich untereinander bereits kennt und ihr euren Platz noch finden müsst. Wenn ihr nahbar und offen seid, macht ihr es eurem Team leichter, sich auf euch einzulassen. Wofür ihr euch auch entscheidet: Treffen außerhalb des Arbeitsalltags stärken euren Zusammenhalt und helfen dabei, euch näher kennenzulernen.

#2 PVS (Praxisverwaltungssoftware): Halten vs. Wechseln

Neuer Chef, neue Abläufe, neue Software? Das könnte etwas viel auf einmal sein. Das Bestandspersonal beherrscht die aktuelle PVS aus dem Effeff und ist es gewohnt, tagtäglich damit zu arbeiten. Gerade dann, wenn ihr die organisatorischen Abläufe in der Praxis ändert, ist es sinnvoll, die aktuelle PVS vorübergehend beizubehalten. Gebt euren Mitarbeitern Zeit, sich an die Änderungen zu gewöhnen. Wenn ihr als Team erst mal zusammengewachsen seid, könnt ihr euch bei einem Wechsel der PVS besser unterstützen. Die PVS vorübergehend beizubehalten hat noch einen weiteren Vorteil: Es entlastet euch, dass euer Team mit der Handhabe der bestehenden Software vertraut ist. Ihr könnt euch in diesem Bereich auf eure Mitarbeiter verlassen, weil sie eigenständig arbeiten können, ohne regelmäßig Rückfragen klären zu müssen. Denkt auch daran, dass es eurem Personal ein gutes Gefühl gibt, wenn es euch helfen und Fragen beantworten kann.

Sobald ihr als Chef fest im Sattel sitzt, solltet ihr das Thema PVS aber unbedingt angehen. Befindet sich die Software auf dem neuesten Stand und deckt sie alle Elemente ab, die euch als Praxisinhaber wichtig sind? Ist sie überhaupt nutzerfreundlich oder hat der bisherige Inhaber der Praxis die Software aus Bequemlichkeit seit Jahren nicht modernisiert? Gerade bei älteren Bestandspraxen kann es vorkommen, dass die PVS veraltet ist und eurem Personal technisch und praktisch das Leben (na ja, eher die Arbeit) schwer macht.

Hinzu kommen gesetzliche Regelungen, die aufgrund fehlender Updates unter Umständen noch nicht umgesetzt wurden. Bedenkt, dass ihr mit der Praxisübernahme für eventuelle Mängel haftet. EVIDENT legt größten Wert auf die Einhaltung der aktuellen Gesetzgebung. Die Funktionen unserer Zahnarztsoftware werden dementsprechend regelmäßig an die gesetzlichen Vorgaben angepasst.

#3 Veränderungen in der Praxis

Wir haben es in Bezug auf die PVS schon angesprochen: Zu viele Veränderungen auf einen Schlag können bei der Praxisübernahme dafür sorgen, dass der reibungslose Arbeitsalltag ins Schwanken gerät. Geht bei Modernisierungen, der optischen Umgestaltung oder Änderungen der Arbeitsabläufe besser behutsam vor.
Veränderungen können natürlich auch erfrischend sein. Schaut euch in der Praxis um und überlegt, was ihr eurem Team Gutes tun könnt. Ist die Kaffeemaschine undicht oder sitzen eure Empfangsmitarbeiter auf abgewetzten Bürostühlen? Sie werden euch bestimmt dankbar sein, wenn ihr den Komfort in der Praxis erhöht. Wenn der aktuelle Inhaber der Zahnarztpraxis schon länger mit dem Gedanken gespielt hat, die Praxis abzugeben, wird er wahrscheinlich nicht in neues Mobiliar investiert haben.

Bezieht eure Mitarbeiter mit ein und fragt sie nach ihrer Meinung. Sie kennen die Ausstattung in der Praxis am besten und können euch genau sagen, wo es manchmal zu Problemen kommt.
Es bietet sich an, bei regelmäßigen Meetings einen Plan zu erarbeiten und Stück für Stück umzusetzen. Wichtig ist, dass alle Mitarbeiter gut vorbereitet sind und sich auf eventuelle Anpassungen einstellen können. Beachtet dabei aber unbedingt eure Position als Praxisinhaber. Hierbei ist der nächste Punkt besonders wichtig.

#4 Eure Position als Chef

Klar: Ihr wollt Sympathiepunkte gewinnen und es euch bei dem bestehenden Team nicht verscherzen. Trotzdem solltet ihr euch eurer Position als neuer Chef bewusst sein und diese auch nach außen transportieren. Am Ende geht es schließlich darum, eine erfolgreiche Zahnarztpraxis zu leiten. Ihr baut euch eine eigene Existenz auf und tragt zudem die Verantwortung für das Wohl eurer Mitarbeiter.
Geht selbstbewusst mit euren Entscheidungen um. Erklärt und begründet sie, aber rechtfertigt euch nicht dafür. Traut euch, die leitende Funktion zu übernehmen. Ein selbstbewusster Chef gibt dem ganzen Team Stabilität und Sicherheit. Prüft, ob die bisherigen Abläufe mit eurem eigenen Konzept vereinbar sind.

Ein 3x3 Stapel mit kleinen Bauklötzen, wobei der letzte Klotz gerade hinzugefügt wird

Bei Aussagen à la „Das haben wir schon immer so gemacht“, solltet ihr hellhörig werden. Das Personal ist ein eingespieltes Team und kommt mit den bisherigen Arbeitsabläufen vielleicht gut zurecht. Doch jetzt, wo ihr die Zahnarztpraxis übernehmt und es zu Neuerungen kommt, könnten bestehende Strukturen ins Wanken geraten. Die Gefahr, die dahinter steckt, ist, dass es zu organisatorischen Schwierigkeiten oder Fehlern kommt, wenn es keine klaren Zuständigkeiten gibt. Lasst euch vom aktuellen Inhaber der Praxis deshalb unbedingt die einzelnen Positionen der Mitarbeiter erklären und bringt in Erfahrung, wer wann welche Aufgaben erledigt. Nur, wenn ihr die einzelnen Zuständigkeiten genau verstanden habt, wisst ihr, welches Teammitglied in der jeweiligen Situation euer Ansprechpartner ist. Wenn es keine eindeutige Aufteilung gibt, solltet ihr schon zu Beginn die Chance nutzen, klare Verhältnisse in den Arbeitsalltag zu bringen.

#5 Bürokratisches und rechtliche Grundlage

Müsst ihr bei einer Praxisübernahme als Zahnarzt das Personal übernehmen? Die Antwort: Ja! Im BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) ist klar verankert: Übernehmt ihr die Zahnarztpraxis von einem vorherigen Inhaber, so gehen zum Zeitpunkt des Übergangs auch die bestehenden Arbeitsverhältnisse über. Ihr übernehmt das Personal demnach als neuer Arbeitgeber (§ 613a Abs. 1 BGB). Die Konditionen und Rahmenbedingungen (z.B. Dauer der Beschäftigung, eventueller Kündigungsschutz) der bestehenden Arbeitsverträge gelten weiter und bleiben erhalten (§ 613a Abs. 4 BGB).

Was bedeutet das für euch? Prüft bei den Vertragsverhandlungen zur Praxisübernahme die Arbeitsverträge der betroffenen Mitarbeiter: Schaut euch die Gehälter, die Gehaltsentwicklung und die vereinbarten Konditionen an. Denkt dabei auch an Mitarbeiter in Elternzeit, längerfristig erkranktes Personal und andere Ausnahmeregelungen, die einen Kündigungsschutz zur Folge haben (z.B. Schwerbehinderung). Bei langjährigem Personal stimmt der ursprüngliche Arbeitsvertrag eventuell nicht mehr mit dem aktuellen Gehalt oder sonstigen nachträglich getroffenen Regelungen überein. Den aktuellen Inhalt der Arbeitsverträge und die oben genannten Umstände sollte euer Vorgänger euch offenlegen und die Vollständigkeit vertraglich zusichern. Hierzu gehört auch die Verpflichtung des bisherigen Praxisbesitzers, bis zum Übergang des Arbeitsverhältnisses keine Änderungen mehr an den Arbeitsverträgen vorzunehmen.

Weil die Arbeitsverträge bei der Praxisübernahme automatisch übernommen werden, besteht für Mitarbeiter ein einmonatiges Widerrufsrecht zur Vertragsübernahme. Diese Monatsfrist beginnt erst mit einer Unterrichtung der Arbeitnehmer über den Betriebsübergang. Darüber hinaus muss die Bekanntgabe vor dem Übergang erfolgen und bestimmte inhaltliche Anforderungen erfüllen. Ist diese Unterrichtung nicht ordnungsgemäß erfolgt, kann der Arbeitnehmer auch später noch einem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprechen. Lasst euch daher rechtlich in jedem Fall gut beraten, damit ihr bei der Praxisübernahme auch in Sachen Personal auf der sicheren Seite seid.

💡Tipp: Wenn ihr euch für das Thema Praxisübernahme als Zahnarzt näher interessiert, empfehlen wir euch unseren Podcast EVItalk. In Folge #2 verrät Sven Neumann von der Unternehmensberatung OPTI health consulting GmbH wertvolle Tipps rund um das Thema Existenzgründung.

Fazit:

Ja, ihr seid motiviert und ja, ihr habt Tausende Ideen für eure erste eigene Praxis. Und das ist auch gut so! Aber: Um euer Personal für euch zu gewinnen, solltet ihr es mit Neuerungen nicht direkt übertreiben. Die Praxisübernahme bedeutet auch für eure Mitarbeiter eine große Veränderung. Während ihr zuversichtlich in die Zukunft startet, könnte euer Personal zunächst verunsichert sein. Es kann sogar sein, dass ihr im Laufe der Zeit Bestandspersonal verliert. Geht deshalb selbstbewusst und offen auf euer Team zu, aber lasst den Vorschlaghammer zu Hause 😉. Dann klappt es auch in Sachen Teambuilding bei der Praxisübernahme.

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