Aufräumen mit Klischees – wenn junge Zahnärzte umdenken

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„Mittwochs nachmittags haben Zahnärzte zu.” – Ein Satz, den wir alle kennen. Aber ist er noch zeitgemäß? Haben nicht schon viele Zahnarztpraxen ihre Öffnungszeiten an die Bedürfnisse der Patienten angepasst?! Was aber kann, darf und sollte vielleicht noch alles verändert werden, wenn eine Zahnarztpraxis übernommen wird?

Denkanstöße für die Praxisübernahme

Wir möchten euch, als Existenzgründer, ermutigen anders zu denken, denn vieles hat sich in den letzten Jahren geändert. Auch der Beruf eines Zahnarztes sieht heute anders aus als noch vor einigen Jahren. Wir möchten in diesem Blog-Artikel verschiedene Bereiche thematisieren in denen ein Um- oder Neudenken sinnvoll ist, und euch somit Ansätze liefern, euren eigenen Weg zu finden. Getreu dem Motto “feel free” könnt ihr unsere Ansätze beliebig ausweiten. Dazu haben wir noch einige praktische Tipps und Erfahrungswerte von Dr. med. dent. Cathérine Sabel, die Anfang 2021 die Zahnarztpraxis ihres Vaters übernahm. Das komplette Interview findet ihr hier.

Digitalisierung der Zahnarztpraxis

Wenn ihr eine Zahnarztpraxis übernehmt, hinterfragt die Funktionen der Praxissoftware, denn fortschrittliche IT entlastet die Praxis. Wird euer Bedarf abgedeckt? Vergleicht andere Software-Anbieter in Funktionsumfang, Service und Preis. Habt ihr in anderen Praxen gute Erfahrungen gesammelt? Scheut euch nicht vor einem Wechsel. Dr. Cathérine Sabel empfiehlt diesen jedoch „nicht bei laufendem Betrieb, sondern am besten im Vorfeld der Praxiseröffnung”.

Was ist mit digitalen Karteikarten? Könntet ihr euch vorstellen eine papierlose Praxis zu führen? Wenn ja, dann informiert euch, was ihr braucht, um diesen Weg Schritt für Schritt zu gehen. Es gibt Software-Anbieter, die euch helfen, den Papierberg zu verringern – so steuert EVIDENT beispielsweise die digitale Karteikarte bei.

Weitere wichtige Aspekte im Bereich Digitalisierung sind:

  • eine eigene Praxis-Homepage
  • Online-Marketing
  • digitale Unternehmenskommunikation
  • eine Online-Terminvergabe
    Mehr dazu in unserem Blog-Artikel „Wirtschaftsunternehmen Zahnarztpraxis”.

Erreichbarkeit & Ausstattung

Macht eine Patientenumfrage zu den gewünschten Öffnungszeiten und schaut gleichzeitig wie eure konkurrierenden Zahnarztpraxen geöffnet haben. Passt ggf. an und öffnet z.B. an zwei Tagen die Woche bis 20.00 Uhr und auch zusätzlich samstags. Solche Öffnungszeiten sind arbeitnehmerfreundlich und durch einen weiteren Zahnarzt möglich (einer übernimmt die Früh-, einer die Spätschicht). So gewinnt ihr und auch die Patienten an Flexibilität. Mit Hilfe einer guten Personalplanung werden Wartezeiten auf ein Minimum reduziert.

Dr. Cathérine Sabel rät dazu: „Hier ist frühzeitig gute Planung gefragt, denn ihr solltet bedenken, dass aus nahezu allen Arbeitsbereichen eurer Praxis dementsprechend auch das Personal verfügbar sein muss.”

Auch die Ausstattung einer Zahnarztpraxis muss nicht so sein, wie die meisten denken. In erster Linie sollen sich die Patienten wohlfühlen und eure Praxis sollte euren Stil widerspiegeln. Um sofort Vertrauen in euch und eure Praxis zu fassen, solltet ihr stets auf saubere Wartezimmer und hygienische reine Behandlungsräume achten. Für das Wohlbefinden wäre vielleicht ein beruhigendes Aquarium im Wartezimmer eine Idee? Oder ein buntes Bild an der Decke über dem Behandlungsstuhl? Lasst euch was einfallen, besucht andere Praxen.

Inhaber einer Zahnarztpraxis sind mehr als nur Zahnarzt

Nur, weil es ArbeitGEBER und ArbeitNEHMER heißt, funktioniert das Geben und Nehmen nicht nur in eine Richtung. Wenn beide Parteien ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Geben und Nehmen schaffen, führt dies zur Loyalität auf beiden Seiten und nicht selten zu einem langen und guten Arbeitsverhältnis. Wer als Arbeitgeber nicht immer nur die strikte Einhaltung von Arbeitszeiten fordert, sondern seinen Mitarbeitern zeigt, dass er sie als Menschen mit verschiedenen Bedürfnissen und unterschiedlichen Lebenshintergründen wahrnimmt und mit seinen Möglichkeiten dort unterstützt, wo er kann (seien es Fortbildungen, Teamevents, Ausfallzeiten durch kranke Kinder etc.), wird sich dies sicherlich auszahlen. Mitarbeiter, die vom Chef Rückendeckung und Unterstützung erhalten, sind bestimmt auch eher bereit, mal die ein oder andere Überstunde dranzuhängen oder über ihren Aufgabenbereich hinaus für die Praxis einzustehen. Ein kleiner Tipp – es gibt Chefs, die führen ein Mitarbeiter-Tagebuch. Darin halten sie fest, wann und worüber sie mit welchem Mitarbeiter abseits des Praxis-Alltags gesprochen haben. Somit haben sie einen Überblick über die Regelmäßigkeit und die Themen. Hilft bestimmt bei mehr als drei Mitarbeitern 😉

Dr. dent. Cathérine Sabel und Dr. med. dent. Julius Steegmann

Gemeinsam die eigene Zahnarztpraxis leiten: Dr. Cathérine Sabel und Dr. med. dent. Julius Steegmann

Wer eine eigene Zahnarztpraxis hat, ist nicht mehr nur noch Zahnarzt, sondern auch Chef. Überlegt euch im Vorfeld der Praxisübernahme, was für eine Kultur ihr mit eurem Team leben wollt. Vielleicht setzt ihr auf flache Hierarchien, die modern sind und ein Wir-Gefühl erzeugen? „In unserer Praxis duzen wir uns innerhalb des gesamten Teams, wenn keine Patienten dabei sind. Das resultiert daraus, dass ich ein Teamplayer bin und Probleme lieber gemeinsam angehe und alle ins Boot hole. So gehören für mich aber auch Teambuilding-Maßnahmen und Events außerhalb der Praxis dazu, damit das Zusammenspiel im Arbeitsalltag funktioniert”, so Dr. Cathérine Sabel.

Vorbereitung auf die Selbständigkeit

Der Beruf des Zahnarztes hat sich verändert. Die Patienten erwarten mehr Aufklärung und eine ganzheitliche Beratung. Auch banale Dinge wie Servicegedanke und Erreichbarkeit spielen in die Praxisphilosophie hinein. Setzt euch mit euren Ideen einer modernen Praxisphilosophie auseinander. Was gehört für euch dazu? Für was steht ihr ein und wie möchtet ihr euren Patienten begegnen? Was würdet ihr euch von eurem Zahnarzt wünschen? Was passt zu eurem Leistungsspektrum (und kann die Konkurrenz vielleicht nicht bieten)?

Man kann nicht alles auf einmal ändern, aber es gibt Grundlegendes, über das man sich im Vorfeld, durchaus auch über einen längeren Zeitraum Gedanken machen sollte. „Wir mussten leider ins kalte Wasser springen und hatten kaum Vorlaufzeit. Strukturen und Ansätze während des laufenden Betriebs zu verändern, stellt einen vor große Herausforderungen. Ich empfehle jedem den Austausch mit erfahrenen Kollegen zu suchen, und auf der Suche nach seinem eigenen Weg immer mal wieder rechts und links zu schauen”, rät Dr. Cathérine Sabel abschließend.

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